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Sonntag, 25. April 2021

It's Teatime mit Jesse aus "Sturm über Sodom" von Irvin L. Kendall

An diesem sonnigen Frühlingssonntag darf ich einen Gast bei mir zum Tee begrüßen, der eine weite Anreise hinter sich und der einiges zu erzählen hat. Jesse aus "Sturm über Sodom" von Irvin L. Kendall kommt auch schon gerade um die Ecke.

UzB: "Hallo Jesse, schön, dass du da bist. Stell dich doch den Lesern bitte kurz vor."

Jesse: "Hallo. Ich freue mich, dass du mich eingeladen hast. Ich bin Jesse, 26 Jahre alt, arbeite als Fotograf bei The Charleston Courier - und ich habe kürzlich den Mann meines Lebens kennengelernt."

UzB: "Da fällst du ja direkt mit der Tür ins Haus! Die Liebe macht mich natürlich besonders neugierig. Magst du uns etwas über ihn erzählen?"

Jesse: "Nun, es ist natürlich aufregend, wenn man die Person trifft, die vorher scheinbar immer gefehlt hat. Er heißt Gale, ist der schönste Mann auf Erden - zumindest für mich - ist sechs Jahre älter als ich und Anwalt."


UzB: "Wo und wie habt ihr euch kennengelernt?"

Jesse: "Das hatte mit Gales Beruf zu tun. Ein Kollege von mir - Adrian - hatte ihn um ein Treffen gebeten. Bevor er Gale sagen konnte, was er ihn hatte fragen wollen, wurde er jedoch erschossen! Im Sterben hat er Gale gebeten, sich um Christobal und Jesse zu kümmern. Den einzigen Jesse, den Adrians Bekannte kannte, war ich. So ist Gale zu uns in die Redaktion gekommen, um mich zu fragen, ob ich wüsste, was Adrian von ihm gewollt haben könnte. Wusste ich leider nicht, denn wir hatten nie viel miteinander zu tun, aber ... Nun ja, Gale und ich haben einen kleinen Ausflug unternommen und beschlossen, auf ein Date zu gehen."

UzB: "Oh, dann hat euer Kennenlernen ja einen ernsten und traurigen Hintergrund. Ich hoffe Gale konnte das Rätsel um Christobal und Jesse dennoch lösen."

Jesse: "Es war nicht das, wonach es zunächst aussah, aber am Ende kam es doch noch ans Licht."

UzB: "Ich merke schon, du willst nicht zu viel verraten. Dann erzähl uns doch etwas über deinen Beruf als Fotograf und was du in deiner Freizeit machst."

Jesse: "Am liebsten würde ich natürlich frei arbeiten. Nur fotografieren, was mir gefällt. Aber es ist schwer, damit Geld zu verdienen. Mein Job als Fotoredakteur ist nicht immer so, wie ich ihn gern hätte. Da fotografiere ich schon mal preisgekrönte Pudel oder verseuchte Sümpfe. In meiner Freizeit kann ich außer lesen, Filme sehen, kochen und solche Dinge nicht allzu viel machen. Für uns gibt es nicht viel, wohin wir gehen könnten. Schon gar nicht als Paar."

UzB: "Das ist schade. Habt ihr in eurem Umfeld negative Erfahrungen gemacht?"

Jesse: "South Carolina hat einen aktiven sogenannten Sodomie-Paragrafen. Hier umgangssprachlich Buggery-Paragraf genannt. Er verbietet letztlich unsere Existenz. Es gibt ein paar Orte, die sich trotzdem etabliert haben, aber dahin geht man, wenn man ein schnelles Abenteuer sucht, wenn du verstehst, was ich meine. Alles andere - also Theater, Kinos, andere Bars, Restaurants, Museen ... - ist uns verschlossen. Es sei denn, man reißt sich zusammen und gibt sich nicht als Paar zu erkennen. Aber was soll daran Spaß machen?"

UzB: "Das ist ja schrecklich! Habt ihr schon einmal über einen Umzug nachgedacht?"

Jesse: "Sicher. Der Gedanke kommt immer wieder auf. Doch South Carolina ist unsere Heimat. Wir sind hier geboren und aufgewachsen. Wir sollten die gleichen Rechte haben wie jeder andere auch, oder? Außerdem gibt es gar nicht so viele Staaten, in die wir gehen könnten. Einige haben den Paragrafen inzwischen abgeschafft, aber Rechte haben wir nur in ganz wenigen davon. Existieren zu dürfen, aber dennoch rechtlos zu sein, ist nur eine geringfügige Verbesserung. Und weißt du, wie schweinekalt es im Vergleich zu South Carolina in Massachusetts ist? Das ist derzeit der so ziemlich einzige Staat mit ein paar LGBT-Rechten. Außerdem ist dort alles sehr viel teurer als hier."

UzB: "Mir war nicht klar, dass die Zustände so extrem sind. Ich kann euch verstehen, die Heimat zu verlassen und nicht wirklich bessere Aussichten zu haben, ist keine große Option."

Jesse: "Wir lancieren uns so durch und versuchen, für die Abschaffung des Paragrafen zu kämpfen. Das wäre der wichtigste Schritt, um etwas zu verbessern."

UzB: "Nun wollen wir mal über die guten Dinge sprechen. Welche positiven Seiten hat denn deine Heimat?"

Jesse: "Sofern man willkommen ist, sind die Leute in den Südstaaten sehr herzlich und offen. Es gibt außergewöhnliche Flora und Fauna, wenngleich die manchmal auch gefährlich sein kann. Gale stellt sich immer furchtbar an, wenn wir draußen unterwegs sind, weil er Angst vor Schlangen und Alligatoren hat. Aber es gibt auch wunderschöne Strände und vor der Küste viele Inseln. South Carolina ist sehr wasserreich. Und was natürlich immer geht, ist Essen."

UzB: "Schlangen und Alligatoren sind jetzt auch nicht gerade meine Lieblingstiere, ich kann Gale gut verstehen. Lass uns über das Essen sprechen. Welche Spezialitäten gibt es in deiner Heimat? Was ist dein Lieblingsgericht?"

Jesse: "Haha, die Schlangen hauen ab, wenn sie einen kommen hören. Man muss also im Grunde nur laut genug sein. Aber zum Essen: In South Carolina mischt sich die Küche der Farmer - durch das milde Klima gibt es zig verschiedene, oft auch exotische Gemüse- und Obstsorten - mit der feinen Küche französischer Einwanderer, der Küche der verschleppten Sklaven - sodass man also afrikanische Einschläge findet - und der Tatsache, dass es ein Küstenstaat ist.  Traditionelle Gerichte sind somit zum Beispiel Carolina Crab Boil. Da wird allerlei Gemüse wie Mais und Garnelen auf Reis - der dort auch wächst - serviert. Es gibt wilde Kombinationen wie grüne Bohnen und Aprikosen. Meine persönlichen Lieblinge sind She-Crab Soup und zum Nachtisch gegrillte Pfirsiche mit Beeren."

UzB: "Das klingt wirklich nach kulinarischer Vielfältigkeit. Vielleicht kannst du mir das Rezept von She-Crab Soup geben. Dann können die Leser und ich es einmal testen."

Jesse: "Es gibt ein Problem bei der She-Crab Soup, denn sie wird ausschließlich aus weiblichen Exemplaren der atlantischen Blaukrabbe gemacht, die ursprünglich nur an der westlichen Atlantikküste vorkam. Allerdings wurde sie längst auch an die östliche verschleppt, weshalb man Glück haben kann, auch in Europa welche zu bekommen."

UzB: "Vielen Dank, lieber Jesse, dass du bei mir zu Gast warst. Es war mir eine Freude."

Jesse: "Ich freue mich, dass ich hier sein durfte. Vielen Dank."


Das Rezept zu She-Crab Soup findet ihr hier: 

https://www.allrecipes.com/recipe/68978/south-carolina-she-crab-soup/?fbclid=IwAR0jJbVVD4ur5bNkEMMTEIvt4Jw9DEnruPrkkhfgYlqr0QSBriKbKOgQTbQ

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